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Der ambitionierte „Grüne Deal“ der EU für mehr Nachhaltigkeit

Unser Green Deal für Europa

Die Europäische Kommission hat unter Führung von Ursula von der Leyen eine ambitionierte Wachstumsstrategie entwickelt, um die EU-Wirtschaft nachhaltiger und bis 2050 klimaneutral zu machen: Der „Green Deal“ (+ Anhang) wurde am 11. Dezember 2019 vorgestellt. Die hohen Ziele in 10 unterschiedlichen Bereichen sollen aus der EU eine Vorreiterin für den Kampf gegen den Klimawandel und die Umweltzerstörung machen. Sie will insbesondere folgendes erreichen: die Erreichung der Klimaziele, eine effizientere Ressourcennutzung, saubere Kreisläufe, die Wiederherstellung der Artenvielfalt und die Bekämpfung der Umweltverschmutzung.Der Green Deal besteht aus mehreren Strategien, die entweder bereits vorliegen oder die dafür entwickelt wurden. Für die Land- und Forstwirtschaft sind die Biodiversitätsstrategie (+ Anlage) und die Farm to Fork Strategie (+ Anlage), die am 20. Mai 2020 veröffentlich wurde, besonders relevant. Sie definieren die Ziele bis 2030 für den Erhalt der Artenvielfalt und für die Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion. Besonders bemerkenswert ist, dass Frau von der Leyen den Umweltschutz und den Naturschutz zu den Prioritäten der EU erklärt hat. Die 10 Ziele des Green Deal können Sie hier nachlesen.


12 Punkte Plan zum Green Deal

Die Familienbetriebe Land und Forst begrüßen, dass die EU-Kommission mit dem EU Green Deal ein ambitioniertes Programm für den Klimaschutz und die Artenvielfalt vorgelegt hat. Beides kann nur gemeinsam mit der Land- und Forstwirtschaft gelingen. Daher wollen wir unseren Beitrag zum EU Green Deal leisten.

Unsere Vision für einen Green Deal fußt auf dem Gleichgewicht zwischen ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit sowie auf der Überzeugung, dass ökologische Ziele am besten mit den Mitteln der sozialen Marktwirtschaft erreicht werden können („soziale ökologische Marktwirtschaft“). Im Zentrum stehen dabei das besondere Interesse und die besondere Verantwortung privater Eigentümer an einem generationengerechten, nachhaltigen Umgang mit land- und forstwirtschaftlichen Flächen und Böden.

Vor diesem Hintergrund haben wir einen 12-Punkte Plan für den Green Deal entwickelt. Darin erläutern wir, an welchen Leitlinien sich der Green Deal orientieren muss, um die gesetzten Ziele zu erreichen und zugleich Kernelemente einer ökologischen sozialen Marktwirtschaft zu bewahren.

Der EU Green Deal sollte sich an folgenden Leitlinien orientieren:


  1. Der EU Green Deal muss die drei Säulen der Nachhaltigkeit (ökonomisch, ökologisch, sozial) gleichermaßen in den Blick nehmen und Zielkonflikte intelligent ausbalancieren.
  2. Maßnahmen, die sich aus dem Green Deal ergeben, sollten auf Grundlage einer soliden Folgenabschätzung etwa für die Wirtschaftlichkeit der Betriebe, für die Lebensmittelversorgung und für die Preise, sowie auf Grundlage fakten- und wissenschaftsbasierter Empfehlungen getroffen werden.
  3. Die EU kann nicht die Welt ernähren, hat aber aufgrund ihrer geographischen und klimatischen Voraussetzungen eine globale Verantwortung, Nahrungsmittel zu produzieren. Das Ziel einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Nahrungsmittelproduktion in Europa muss daher im Green Deal zentral verankert werden.
  4. Der Green Deal sollte genutzt werden neue „grüne“ Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dazu sollten Honorierungsinstrumente für CO2-Senken im Wald, in landwirtschaftlichen Böden und von Mooren sowie für andere Ökosystemleistungen zählen. Auf diese Weise können ökologische Anforderungen über wirtschaftliche Anreize umgesetzt werden.
  5. Der Green Deal muss die Stellung der Primärerzeuger in der Wertschöpfungskette stärken. Höhere Anforderungen führen oft zu Investitionsbedarf und unter Umständen auch zu Ertragseinbußen. Die Primärerzeuger dürfen damit nicht alleine gelassen werden. Daher sollten im Rahmen des Green Deals die Wettbewerbsfähigkeit und die Ertragssituation der Primärerzeuger gestärkt werden, insbesondere auch in ihrem Verhältnis zu den nachfolgenden Verarbeitungsstufen und zum Handel.
  6. Eine pauschale Unterschutzstellung von Flächen ist kritisch zu sehen. Unterschutzstellungen sollten mehr auf Grundlage qualitativer, nicht rein quantitativer Ziele erfolgen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie auch kontraproduktiv wirken können: Viele Arten sind von der bewirtschafteten Fläche in der Kulturlandschaft abhängig und von Landnutzungsänderungen potentiell bedroht. Bewirtschaftungseinschränkungen im Wald führen dazu, dass der Rohstoff Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft in geringeren Mengen als langfristiger CO2-Speicher oder als CO2-Substition (etwa als Energieträger oder im Bau) zur Verfügung steht.
  7. Bewirtschaftungseinschränkungen, Unterschutzstellungen und Stilllegungen sollten vorrangig auf Flächen der öffentlichen Hand umgesetzt werden, bevor Flächen in privatem Eigentum einbezogen werden. Bei Eingriffen in privates Eigentum müssen Entschädigungs- oder Ausgleichszahlungen geleistet werden.
  8. Eigentümer und Bewirtschafter sollten die natürlichen und bevorzugten Partner sein, um die richtigen Managementinstrumente zur Verbesserung der biologischen Vielfalt umzusetzen. Freiwillige Maßnahmen und vertragliche Vereinbarungen haben sich dabei als sehr effektiv erwiesen, um kooperativ Umwelt- und Naturschutzziele zu erreichen. Diese Instrumente sollten daher weiter ausgebaut werden. Zudem ist die Einhaltung von umweltrelevanten Rechtsvorschriften selbstverständliche Grundlage einer nachhaltigen Bewirtschaftung, für die sich unsere Land- und Forstwirte als fachlich kompetente Partner verantwortlich fühlen. Wir unterstützen darum eine Verbesserung der bewährten staatlichen Monitoring- und Prüfsysteme, um das Zusammenspiel von Eigentümer, Bewirtschaftern und Behörden weiter zu verbessern. Die bestehenden Instrumente der für die Einbindung der Zivilgesellschaft in umwelt- und naturschutzrechtlichen Verfahren halten wir für ausreichend. Eine darüberhinausgehende Rolle der Zivilgesellschaft als Überwachungsinstanz, wie in der Biodiversitätsstrategie verankert, lehnen wir grundsätzlich ab. Wir freuen uns, wenn die Bürgerinnen und Bürger unseren Wald als Erholungsraum nutzen. Das Betretungsrecht des Waldes darf aber nicht für die Überwachung der Eigentümer und der Waldbauern missbraucht werden.
  9. Der Green Deal sollte heimische Produktion fördern, statt Emissionen zu verlagern. Es hilft weder dem Klimaschutz noch der europäischen Land- und Forstwirtschaft, wenn durch hohe Auflagen und Kosten Produktion ins Ausland abwandert und Nahrungsmittel sowie Holz dort zu oft niedrigeren Standards hergestellt und dann teilweise wieder nach Europa importiert werden.
  10. Der Green Deal sollte zur Entwicklung einheitlicher europäischer Standards genutzt werden, um in der EU ein „level playing field“ zu schaffen und den EU Binnenmarkt so zu stärken. Zugleich sollten auch im Bereich der öffentlichen Förderung Flexibilität geschaffen und Schwellenwerte (de-minmis) so erhöht werden, dass sie dem Investitionsbedarf gerade auch der Erwerbsbetriebe Rechnung tragen, um insbesondere in Krisen kurzfristiges, mitgliedsstaatliches Handeln zu ermöglichen.
  11. Der Green Deal sollte einen Rahmen für Innovationen und Investitionen schaffen. Dabei kommt dem Potential der Digitalisierung, ökologische und ökonomische Zielkonflikte aufzulösen, eine besondere Bedeutung zu.
  12. Forstpolitik liegt nach den europäischen Verträgen in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten. Da anders als in der Landwirtschaft ein europäischer Politik- und Förderrahmen für den Forst fehlt, wäre eine Kompetenzverlagerung im Zuge des Green Deals und der EU-Forststrategie nicht konsistent oder nachvollziehbar.

(Stand: Oktober 2020)


Die nächsten Schritte beim Green Deal

  • Kommentierungen vom Europäischen Parlament, vom Europäischen Rat, vom Ausschuss der Regionen und vom Wirtschafts- und Sozialausschuss.
  • Die öffentlichen Konsultationen sollen für beide Strategien in diesem Jahr noch stattfinden. Die Termine sind noch nicht bekannt. Der Aufbau der Gesetzgebung wird durch den üblichen Mitentscheidungsverfahren stattfinden. Die unterschiedlichen Zeitfenster die sich die Europäische Kommission für die Themen wünscht können im „Action Plan“ in den Anlagen der beiden Strategien gefunden werden.
  • Am 22-23. September 2020 organisiert die UN einen Gipfel zum Thema „Dringende Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt für eine nachhaltige Entwicklung.“ Die EU-Kommission hofft, dass bis dahin der Green Deal von den Mitgliedstaaten als roter Faden für deren Umweltpolitik akzeptiert wird.

Am 20. Mai wurden die Biodiversitätsstrategie und die Farm to Fork Strategie veröffentlicht:
Eine Strategie ist als „Mitteilung“ nicht verbindlich, sondern gleicht eher einem Zielkatalog oder Fahrplan. Die Strategien werden zunächst im EU-Parlament und beim Europäischen Rat diskutiert. Sollten sie in Legislativakte überführt werden, werden diese von den Mitgliedsstaaten nach dem Subsidiaritätsprinzip implementiert.  D.h. dass die EU in der Umsetzung auf nationale, regionale und lokale Ebene nicht involviert ist.

Biodiversitätsstrategie:
Ökosysteme und Biodiversität zu schützen und zu restaurieren ist eins der 10 Ziele des Green Deal. Die Biodiversitätsstrategie soll das Instrument zur Erreichung dieser Ziele sein.

Die Strategie geht über die Natura 2000-Verordnungen hinaus und beinhaltet folgende Ziele:

  • 30% von Land und 30% vom Meer sollen unter Schutz gestellt werden.
  • Degradierte Ökosysteme restaurieren.
  • Mindestens 25.000 km Bach- und Flussabläufe ändern, damit sie sich wieder frei entwickeln können.
  • Die Nutzung von Pestiziden um 50% reduzieren.
  • Bei der Fischerei die Probleme vom Beifang und der Zerstörung der Meeresgründe lösen.
  • 3 Milliarden Bäume pflanzen, um die Artenvielfalt zu erhöhen
  • 25% der Landwirtschaft soll bis 2030 als Ökolandbau bewirtschaftet werden.
  • Es sollten mindestens 10% der landwirtschaftlichen Flächen eine biologische Vielfalt aufweisen.
  • Der Rückgang von Bestäubern soll gestoppt und umgekehrt werden.

20 Milliarden Euro pro Jahr sollen für die Erreichung dieser Ziele zur Verfügung gestellt werden.

Farm to Fork Strategie:
Faire, gesunde und umweltbewusste Nahrungsmittel ist eins der 10 Ziele des Green Deal. Die Strategie soll helfen, die Agrarwirtschaft und ihre nachgelagerten Bereiche zu ändern, damit sich die Leute gesünder ernähren.

Die Strategie sieht vor mehrere Ziele zu erreichen:

  • Die Nutzung von chemischen Pestiziden und gefährlichen Pestiziden bis 2030 um 50% reduzieren.
  • Den Verlust an Nährstoffen um 50% bei gleicher Bodenfruchtbarkeit verringern.
  • Die Ausbringung von Nährstoffen bis 2030 um mindestens 20% reduzieren.
  • Den Verkauf von Antimikrobiellen Mitteln für die Tierzucht um 50% reduzieren.
  • 25% der Landwirtschaft soll bis 2030 Ökolandbausein.

(Stand 12. Juni 2020)


Pressemitteilung der Familienbetriebe Land und Forst

Stellungnahme und Pressemitteilung der European Landowners Organisation. Eine Zusammenfassung finden Sie hier.

Im Sommer 2020 haben wir der EU-Kommission Fragen bzgl. des EU Green Deal zukommen lassen (hier nachzulesen). Hier finden Sie die offizielle Antwort der EU-Kommission aus dem Kabinett des Umweltkommissars Sinkevi?ius.

Brief von Bundeslandwirtschaftministerin Julia Klöckner zu unserem 12-Punkte-Plan zum Green Deal. (Dezember 2020)