Positionspapier zum Bodenmarkt
Bund und Länder beraten seit mehreren Jahren über die Effizienz und Praxistauglichkeit des bestehenden landwirtschaftlichen Bodenrechtes. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und verschiedene Landesregierungen haben angekündigt, den Bodenmarkt und die Agrarsturktur stärker zu regulieren und ein „modernes Bodenrecht“ zu schaffen. Erklärtes Ziel ist dabei eine regional verankerte Agrarstruktur, eine breite Eigentumsstreuung, der Vorrang von Landwirten beim Flächenerwerb, die Vermeidung von Flächenverbrauch und die Vermeidung marktbeherrschender Positionen.
Die Familienbetriebe Land und Forst haben zu dieser Frage ein Positionspapier erarbeitet, dass Sie hier finden.
Positionspapier als PDF-Dokument
Unsere Forderungen und Ziele im Kurz-Überlick
- Wir teilen das Ziel, eine breite Eigentumsstreuung in der Land- und Forstwirtschaft zu ermöglichen.
- Eine Regulierung des Bodenmarktes in Form eines Agrarstrukturgesetzes stellt einen tiefen Eingriff in die, insbesondere verfassungsrechtlich geschützte freie Verfügung über das Eigentum und in das Marktgeschehen dar, der ordnungspolitisch, verfassungsrechtlich und europarechtlich einer besonderen Rechtfertigung bedarf. Diese Rechtfertigung findet sich in dem legitimen Ziel des Gesetzgebers, Gefahren von der Agrarstruktur abzuwenden. Eine aktive Lenkung des Bodenmarktes ist hingegen nicht zulässig und wird von uns auch aus ordnungspolitischen Erwägungen strikt abgelehnt. Für die Gefahrenabwehr ist das Grundstückverkehrsgesetz das geeignete Instrument.
- Es fehlen bislang empirische Belege für eine Störung des Marktes, die eine weitgehende Regulierung des Bodenmarktes und den damit verbundenen tiefen Eingriff in die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft und der Ordnungspolitik rechtfertigen. So gibt es zu den Auswirkungen überregional aktiver Investoren auf die ländliche Entwicklung bisher keine validen Forschungsergebnisse.
- „Größe“ an sich ist kein geeignetes Kriterium, das einen Eingriff in den Bodenmarkt rechtfertigt. Kleinere Betriebe produzieren nicht per se nachhaltiger, umweltgerechter oder effizienter. Im Gegenteil: Größere Betriebe können manche Investitionen in eine nachhaltige Bewirtschaftung besser leisten als kleinere.
- „Außerlandwirtschaftliche Investoren“ sind ein untaugliches Feindbild. Zum einen können die Landwirtschaft allgemein und der einzelne Betrieb im Speziellen durchaus von Investitionen profitieren, um nachhaltiger zu produzieren und Arbeitsplätze zu sichern. Dazu ist es zunächst unerheblich, aus welcher Quelle die Investitionen kommen. Zum anderen handelt es sich bei „außerlandwirtschaftlichen Investoren“ vielfach um verantwortlich wirtschaftende Akteure mit landwirtschaftlichem Hintergrund: Dies sind nicht selten Mitglieder von Unternehmerfamilien mit einer landwirtschaftlichen Tradition; weichende Erben, die auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen sind; oder Nachfahren von durch die Bodenreform enteigneten Familien, die in ihrer alten Heimat Betriebe aufbauen oder ihren Betrieb vergrößern und somit zukunftsfähig machen wollen. Die meisten dieser Familien entwickeln eine starke Bindung zu ihrem Betrieb, zur Region, engagieren sich vor Ort, beschäftigen Mitarbeiter aus der Region und zahlen vor Ort ihre Steuern. Dass es auch gegenteilige Beispiele gibt, ist richtig. Einzelfälle sollten aber nicht zur Begründung für allgemeine staatliche Regulierung verwendet werden.
- Eine Privilegierung ortsansässiger Landwirte beim Flächenkauf ist europarechtlich fragwürdig und zudem nicht geeignet, Gefahren von der Agrarstruktur abzuwenden.
- Eine Genehmigungsunterwerfung von Anteilskäufen („Share Deals“) nach dem Grundstückverkehrsrecht wäre aus unserer Sicht systemfremd und gesellschaftsrechtlich schwer begründbar. Der Erwerb einer Mitgliedschaft an einer Gesellschaft oder eines Geschäftsanteils ist etwas anderes als der Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken. Eine Genehmigungsunterwerfung würde keine Änderungen an der Agrarstruktur nach sich ziehen. Teilnehmer an der Agrarstruktur sind Gesellschaften als Inhaber der landwirtschaftlichen Betriebe. Die Veräußerung von Geschäftsanteilen hat daher keine Auswirkungen auf die Agrarstruktur an sich.
- Eine Reform der Grunderwerbsteuer bei Anteilskäufen („Share Deals“) muss im Rahmen der Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes adressiert werden. Eine Sonderbehandlung landwirtschaftlicher Anteilskäufe ist dabei nicht angebracht.
- Die Preisentwicklung auf dem Bodenmarkt und die Flächenknappheit sind nicht allein Ergebnis von Marktentwicklungen, sondern auch wesentlich von politischen Entscheidungen. Bundesregierung und Länder sollten dabei insbesondere eine Reduzierung des Flächenverbrauchs anstreben und das selbst gesteckte Ziel, den Flächenverbrauch auf 30 ha pro Tag zu begrenzen, in den Blick nehmen. Immer noch geht in Deutschland landwirtschaftliche Fläche in einer Größenordnung von 50 - 60 ha pro Tag verloren. Die Zielkonflikte zwischen land- und forstwirtschaftlicher Nutzung einerseits und Siedlungsbau, dem Ausbau Erneuerbarer Energien, dem Ausbau der Mobilität u. v. m. müssen politisch gelöst werden, um die Knappheit auf dem Bodenmarkt nicht weiter zu verschärfen.
Konkret schlagen wir vor:
- Beibehaltung des GrdstVG – ggf. Zusammenfassung des GrdstVG, LPachtVG und RSG in einem Bodenrechtsgesetz, ähnlich des Agrarstrukturverbesserungsgesetzes in Baden-Würtemberg.
- Instrumente des GrdstVG schärfen: Maßgeblich ist der festgestellte Verstoß gegen die agrarstrukturfördernden Maßnahmen. Das Hauptproblem ist derzeit die fehlende Definition dieser Agrarstruktur. Derzeit wird der Anwendungsbereich dieser Norm allein durch die Gerichte bestimmt. Jedes Land sollte seine Agrarstrukturziele definieren, geeignet beschließen und veröffentlichen. Diese Ziele bilden dann den Anwendungs- und Auslegungsmaßstab des Genehmigungsrahmens gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GrdstVG. Damit könnte ein wesentlicher Teil der genannten Ziele umgesetzt werden.
- Erhöhung der Freigrenze, um Pferdehaltern, Hauseigentümern etc. den Erwerb von Flächen in geeignetem Umfang zu ermöglichen.
- Einführung einer Genehmigungserteilungpflicht für die Übertragung unter Familienangehörigen.
- Keine Einführung einer Hektar-bezogenen Erwerbsobergrenze, da verfassungs- und europarechtlich höchst problematisch und praktisch ohne Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht umsetzbar; Maßstab muss das Kartellrecht bleiben.
- Keine Einführung einer Genehmigungspflicht für den Erwerb von Gesellschaftsanteilen, da verfassungs- und europarechtlich höchst problematisch und praktisch, entsprechend den Bedürfnissen des Gesellschaftsrechtes nach Stichtagen und Präzision, kaum umsetzbar. Falls doch, Schaffung klarer Regelungen im Sinne eines Genehmigungszwangs entsprechend § 8 GrdStVG, auch bzgl. möglicher Beteiligung außerlandwirtschaftlicher Investoren im Rahmen eines asset-deals.
- Einführung eines Bestimmungsrechtes des Siedlungsunternehmens hinsichtlich des zur Ausübung des Vorkaufsrechtes berechtigten Landwirtes zur Vermeidung des doppelten Erwerbes und des Anfalls doppelter Grunderwerbsteuer.
- Ansonsten in jedem Fall gesetzliche Regelung zur Vermeidung der doppelten Grunderwerbsteuer, da die Ausübung des Vorkaufes derzeit gegen § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG verstößt, da die Weiterveräußerung durch doppelte Grunderwerbsteuer und Aufschläge der Siedlungsunternehmen deutlich teurer als der Ausgangsvertrag und daher ein agrarstrukturell nicht gewünschter Preisanstieg produziert wird.
- Einführung eines Rücktrittsrechtes für den Verkäufer bei Ausübung des Vorkaufsrechtes, da damit ein großes Streitpotential genommen würde, der Vorwurf der verdeckten Bodenlenkung entkräftet würde und es dem Verkäufer obläge, zu entscheiden, ob er auch an den Vorkaufsberechtigten verkaufen möchte.
Stand: November 2020