Skip to main content

Ein Film über das Leben

Eva v. Sahr macht ihre Passion zum Beruf: gefilmte Biografien.

Auch schon einmal mit der Idee gespielt, beruflich etwas ganz anderes zu tun? Eva v. Sahr hat ihren Traum verwirklicht. Nach 20 Jahren als Lehrerin in Hongkong, Frankfurt, Berlin, Brüssel und Delhi hat sich die 55-jährige in Berlin nun selbständig gemacht. Mit ihrer Firma „Dreh-Portrait“ bietet sie filmische Biografien für jeden an.

Warum Biografien?
Weil sie spannend sind.

Was bedeutet das?
Meine Eltern sind Ende der 50er Jahre nach Chile ausgewandert. Somit bin ich in zwei unterschiedlichen Kulturen aufgewachsen. Das schärft den Blick und hat uns immer besonders neugierig für die Lebenswege gemacht, die hinter den neuen Bekannten und Freunden steckten. Der Blick ist dadurch ganz anders geschärft. Für uns war es normal zu fragen: Wo kommst Du her? Daher kommt meine Passion für Biografien.

Wann kam die Idee, sich selbständig zu machen?
Die Idee kam mir beim Bügeln. Ich hatte mehr als 20 Jahre als Lehrerin gearbeitet. Ich wollte etwas Neues wagen. Warum nicht mit einem Thema, dass mich immer schon beschäftigt hat? Also entschied ich mich, eine Firma zu gründen, mit der ich Biografien auf bewegten Bildern festhalten kann. Denn für Lebensgeschichten schlägt mein Herz.

Wie fühlt sich das an, plötzlich Unternehmerin zu sein?
Am Anfang war das gar nicht so einfach. Es ist ein bisschen so, als würde man ein neues Kleid anziehen, das man noch nicht kennt. Bevor ich so richtig loslegen konnte, musste ich aber erst einmal einen Berg an Hausaufgaben erledigen. Das reichte vom Erstellen eines Businessplans, Entwickeln des Namens, Logos, Marketing, Website kreieren und natürlich die Ausstattung mit dem passenden Kamera-Equipment.

Zeitgleich Interviewerin und Kamerafrau?
Nein, das geht nicht. Wenn ich ein Porträt mache, fahre ich erst einmal zu einem Vorgespräch. Das dauert in der Regel drei bis vier Stunden. Dabei geht es darum, den Kunden kennen zu lernen, ihn zu beraten, in seine Biografie einzutauchen, Fragen für das Interview herauszuarbeiten, einen Drehort auszusuchen, Fotos und Dokumente zu sichten, etc. Natürlich muss die Chemie zwischen dem Kunden und mir passen, nur so kann eine gute und vertrauensvolle Arbeit entstehen. Ganz wichtig dabei ist zu wissen, wem das Portrait gewidmet sein soll: den Kindern, Enkeln, Freunden oder nur für das eigene Archiv. Erst wenn das Skript steht, komme ich mit meinem Kameramann. Ich konzentriere mich dabei auf das Führen der Interviews. Meine Aufgabe ist, aus allen Biografien möglichst viele Informationen und Emotionen rauszuholen. Die Aufnahmen machen wir bei den Porträtierten zuhause in vertrauter Umgebung. Dort löst sich schnell die anfängliche Scheu vor der Kamera.

Worauf kommt es beim Interview an?
Gegenseitige Offenheit ist ein wesentlicher Faktor. Es entsteht bei den Gesprächen oft eine große Nähe. Dabei muss ich herausfinden, was der Auftraggeber alles aus seinem Leben erzählen und zeigen möchte. Wir arbeiten in die 30- bis 40-minütigen Filme auch Fotos aus den verschiedenen Lebensstationen ein. Am Ende der Dreharbeiten habe ich schon mehrfach gehört: „Sie sind jetzt diejenige, die am meisten über mein Leben Bescheid weiß.“ Das berührt mich.

Wer sind die Auftraggeber?
Das ist ganz unterschiedlich. Oft sind es die Freunde und Verwandten, die das Leben der Eltern, Großeltern, Tanten, Geschwister oder Großonkel mit einem biografischen Film festhalten wollen. Sie beschenken damit nicht nur den Porträtierten, sondern auch sich selbst. Dabei lernen sie die porträtierte Person noch einmal aus anderen Perspektiven kennen. Das ist für alle eine große Bereicherung. Anlässe gibt es viele: Silberne Hochzeit, 80. Geburtstag, Firmenjubiläum oder einfach zu Weihnachten. Jeder ist Zeitzeuge, und jedes Leben mit all seinen individuellen Facetten ist eine Dokumentation wert.

Warum Film?
Das ist eine wunderbare Art, die Geschichte eines Lebens zu erzählen. Humor, Schalk und Emotionalität kommen lebendig rüber. Wir können im Film Bewegung, Mimik und Gesten zeigen und hören die Stimme. Das kann ein Text nicht. Im Moment werden für das Fernsehen viele Biografien verfilmt. Aber das interessanteste sind doch eigentlich Geschichten aus der eigenen Familie. Und die sind viel spannender als man oft denkt.

www.eva-von-sahr.com

Das vollständige Interview im land Magazin 3/2018 können Sie sich hier als PDF-Dokument herunterladen.