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Unsere Thesen zur Europa-Wahl 2019

Die EU ist unser Heimatmarkt. Betriebe im ländlichen Raum sind tief in den Binnenmarkt eingebunden. Viele land- und forstwirtschaftliche Betriebe sind in Grenzregionen angesiedelt und profitieren täglich von der Freizügigkeit in der EU. Über 75 Prozent des Exports landwirtschaftlicher Produkte geht in andere EU-Mitgliedstaaten. Die Europäische Union bringt Frieden, Freiheit und Chancenreichtum. Wir wollen die Europäische Union gestalten und weiterentwickeln. Wir wehren uns gegen Kräfte, die das Europäische Projekt von innen oder von außen schwächen wollen.

Der ländliche Raum erbringt Leistungen, die das Leben in der Stadt erst ermöglichen. Über drei Viertel der Fläche Europas besteht aus Wald oder landwirtschaftlichen Flächen. Land- und Forstwirte versorgen die Bürger Europas mit Lebensmitteln und Rohstoffen. Sie schaffen und erhalten Arbeitsplätze. Sie pflegen und erhalten den ländlichen Raum mit unserer über Jahrhunderte entwickelten Kulturlandschaft. Sie schaffen Raum für Erholung und Freizeit. Unsere Böden speichern Wasser, unsere Bäume reinigen als „Grüne Lunge“ die Luft von Schadstoffen und speichern CO2.

Gleichzeitig gilt: Die politische und gesellschaftliche Polarisierung in vielen Ländern Europas ist auch Folge des Auseinanderdriftens von Stadt und Land. Wenn die Attraktivität des ländlichen Raums abnimmt, gefährdet dies den gesellschaftlichen Frieden. Darum bedarf es zielgerichteter Standort- und Förderpolitik sowie Investitionen in digitale und analoge Infrastruktur, etwa über die Programme LEADER, EFRE oder ELER, um den ländlichen Raum lebenswert zu halten. Wenn sich der kommende EU-Haushalt auf Aufgaben mit europäischem Mehrwert konzentrieren soll, dann muss der ländliche Raum angemessen berücksichtigt werden.

Private Eigentümer im ländlichen Raum übernehmen Verantwortung. Sie sind heimatgebunden, denn ihr Grund und Boden ist ihre Lebens- und Produktionsgrundlage. Sie sind deshalb standorttreu. Sie wollen ihr Eigentum an die nächste Generation übergeben und handeln nachhaltig. Eigentum verstärkt das Heimatgefühl. Die Eigentumsrechte nach Art. 17 der EU-Grundrechtecharta müssen daher gestärkt werden. Dies gilt gerade angesichts wachsender Tendenzen, die Nutzung privater land- und forstwirtschaftlicher Flächen einzuschränken oder im Namen von Naturschutz, Denkmalschutz oder Kulturgutschutz in die Hände von Verbänden oder Behörden zu legen.

Deutschland profitiert davon, dass die EU Freihandelsabkommen im Namen aller Mitgliedstaaten abschließen kann. Das stärkt den Einfluss Europas in der Welt. Produkte der Land- und Forstwirtschaft sind tief in den Welthandel integriert.Darum bieten Freihandelsabkommen grundsätzlich große Chancen. Siemüssen aber sektorspezifischen Unterschieden Rechnung tragen. Dazu zählt, dass Landwirte in Deutschland und Europa zu höheren Standards und Kosten produzieren, aber die Weltmarktpreise oft nicht beeinflussen können. Dieser Wettbewerbsnachteil sollte durch Handelsabkommen ausgeglichen, nicht verschärft werden. Im künftigen Verhältnis der EU zu Großbritannien müssen Zölle und nicht-tarifäre Handelshemmnisse unbedingt vermieden werden. Protektionismus schadet allen. 

Die Gemeinsame Agrarpolitik ist ein wesentlicher Teil des Binnenmarktes und zugleich eine wichtige Grundlage für landwirtschaftliche Betriebe. Landwirte in Europa produzieren für den Weltmarkt und halten dabei deutlich höhere Auflagen als der außereuropäische Wettbewerb ein. Sie erbringen damit gesellschaftlich eingeforderte Leistungen. Sie haben jedoch eine schwache Stellung in der Lieferkette und kaum Einfluss auf die Preisgestaltung. Es ist daher richtig, diese Wettbewerbsnachteile auszugleichen, die Leistung zu entlohnen und die Einkommen der Landwirte so zu stabilisieren.

Aus diesem Grund setzen wir uns für einen Erhalt der Direktzahlungen ein und lehnen eine Kappung oder Degression ab. Es gibt bisher keine belastbaren empirischen Belege für einen Zusammenhang zwischen Betriebsgröße und der Bereitstellung von gesellschaftlich geforderten Leistungen. Daher sollten auch Nebenerwerbslandwirte weiterhin leistungsberechtigt sein.

Es gilt aber auch: Die GAP muss effektiver und zielgerichteter werden. Wir unterstützen darum den Paradigmenwechsel weg von starren EU-Vorgaben beiden Maßnahmen hin zur Messung bei der Zielerreichung („Liefermodell“). Dabei ist es wichtig, dass die EU die zu erreichenden Ziele verbindlich vorschreibt und deren Einhaltung effektiv kontrolliert, um Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt und ein „race to the bottom“ zu verhindern. Eine Renationalisierung der Förderpolitik lehnen wir ab.

Der ländliche Raum bietet ein hohes Klimaschutzpotential. Unser Wald istKlimaschützer Nummer Eins. Allein in Deutschland entlasten Wald- und Forstwirtschaftdie Atmosphäre jährlich um mehr als 120 Millionen Tonnen CO2.Ohne eine nachhaltige Waldnutzung würden die jährlichen Emissionen Deutschlands um 14 Prozent höher liegen. Zugleich leidet der Wald unter denklimabedingten Folgen von Trockenheit und Dürre. Der Schutz des Waldes ist deswegen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Förderung des Waldbaus ist keine Subvention, sondern eine Investition in den Klimaschutz. Der Erhalt gesunder und leistungsfähiger Wälder ist ein europäisches Schlüsselthema. Die Europäische Waldstrategie muss dazu besser koordiniert werden. Nachhaltiger Waldbau und Waldnutzung sind zwei Seiten derselben Medaille. Ein falsch verstandener Naturschutz, der sich in Nutzungseinschränkungen und Stilllegungen erschöpft, ist ein Irrweg.

Die Landwirtschaft hat als Emittent eine große Verantwortung für den Klimaschutz. Auch sie leistet dabei ihren Beitrag. Dazu zählt bereits heute die gesteigerte Klimaeffizienz, also der Ertrag pro Hektar, aber auch die Produktionnachwachsender Rohstoffe und die Bereitstellung von Bioenergie. Künftigkann die Landwirtschaft mithilfe digitaler Technologien einen noch stärkeren Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Klimaschutz funktioniert aber nur, wenn er europäisch, idealerweise sogar international abgestimmt ist. Nationale Alleingänge schaden den Betrieben in Deutschland. Entscheidend für klimapolitische Maßnahmen ist zudem die Akzeptanz in der Bevölkerung. Beim Energieleitungsausbau, der in weiten Teilen auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen erfolgt, müssen daher die Interessen der Flächeneigentümer deutlich besser berücksichtigt werden.

Europa ist nur erfolgreich, wenn sich europäische Vorgaben und Subsidiarität in der richtigen Balance befinden. Das bedeutet auch: Die EU muss klar im Blick haben, was ihre Zuständigkeiten umfasst und wie ihre Gesetzgebung in den europäischen Mitgliedstaaten umgesetzt wird. So richtig es ist, den Mitgliedstaaten Gestaltungsspielräume zu geben, so schnell können unterschiedliche Umsetzungen zu Wettbewerbsverzerrungen und somit zu einem Gefühl der Ungerechtigkeit und der Benachteiligung führen.

Ein typisches Beispiel ist hier die FFH-Richtlinie: Während die Umsetzung der Gebietsschutzvorschriften in Deutschland weitgehend statisch ist und natürliche Veränderungen kaum berücksichtigt, lassen andere EU-Mitgliedstaateneine flexiblere Auslegungspraxis zu. Und im Bereich des Artenschutzes ist kaum nachvollziehbar, warum etwa der Wolf in den Mitgliedstaaten mal den Schutzstatus nach Anhang 4 und mal den Schutzstatus nach Anhang 5 der FFH-Richtlinie genießt. Hier wäre größere Einheitlichkeit geboten.